BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

DIE GRÜNEN IM KREIS HÖXTER

Verabschiedung des Kreishaushaltes 2022

Redner: Gerhard Antoni

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrter Herr Kreisdirektor, liebe Kolleg*innen im Kreistag, sehr geehrte Damen und Herren in den Leitungsebenen der Fachbereiche und Abteilungen, liebe Mitarbeitende der Kreisverwaltung, sehr geehrte Gäste und Vertreter*innen der Medien,

alle Jahre wieder, kommen wir nach zahlreichen und in der Regel sehr konstruktiven Gesprächen mit den Planer-stellenden, untereinander in und zwischen den Fraktionen zur abschließenden Entscheidung zusammen. Im Haushaltsplan selbst stehen dann neben vielen Fortschreibungen und Unabänderlichkeiten auch einige Neuerungen und Innovationen, die zeigen, dass es sich dabei nicht um ein reines Zahlenwerk handelt, sondern dass hier auch die Ideen und politischen Umsetzungsvorhaben abgebildet werden, die unsere Heimat für die Menschen im Kreisgebiet nicht nur erhalten, vielmehr auch zukunftsfähig machen und damit nach vorne bringen wollen. Alle Fragen, die wir als Fraktion in den letzten Wochen mündlich oder schriftlich stellten, wurden schnell, vollumfänglich und kompetent vom Kämmerer und seinem Team, aber auch durch alle Fachbereiche und Abteilungen bearbeitet und beantwortet, was uns sehr gefreut hat.

Das ist, in Anbetracht der insgesamt hohen Belastung der Mitarbeitenden im Kreishaus, eine starke Leistung und keine Selbstverständlichkeit, wofür auch wir uns ganz herzlich bedanken! Es zeigt das große Engagement der Mitarbeitenden! Bitte geben Sie, liebe Verantwortliche in den Fachbereichen und Abteilungen diesen Dank an ihre Mitarbeiter*innen weiter!

Einzig eine klitzekleine Bitte darf ich diesem Dank anschließen…Herr Handermann ahnt es sicherlich schon, da in einigen Ausschüssen die gleiche Thematik immer wieder einmal aufkam…Bitte unterstützen Sie uns im Entwurf 2022 durch ein wenig mehr Fußnoten bei den Personalkosten. Die bisweilen schwer verständlichen Vorgänge von sinkenden Kosten trotz steigender Mitarbeiter*innenzahl einerseits oder eben andererseits die steigenden Personalkosten trotz sinkender Mitarbeiter* innen-Zahl könnten dadurch bereits im Entwurf nachvollziehbarer werden – dadurch könnte sich das Nachfragen unsererseits künftig erübrigen, aber auch den Bürger*innen im Sinne von Transparenz und Klarheit beim Studium des Planes entgegenkommen.

Alles herauszustellen, was Erwähnenswert ist, sprengt dieses Blitzlicht der Haushaltsbetrachtung, aber wir sind erleichtert, dass die Förderung von Nadeschda und Theodora endlich auf stabile Füße gestellt wurde und somit beiden wichtigen Projekten die größten Finanzierungs- sorgen genommen werden konnten.

Bei allen Fraktionen, die hier segensreich tätig waren, bedanken wir uns ausdrücklich. Auch die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen der Arbeiterwohlfahrt und Donum Vitae konnten mit Hilfe des Engagements von Kreistagsmitgliedern die Vergabekriterien des Familienfonds zu Gunsten von Frauen und Männern in prekären Lagen verbessern. Das ist sehr gut so für sozial schwache Familien mit i.d.R. schon mehreren Kindern.

Nach zahlreichen Gesprächen mit den Verantwortlichen des Frauen- und Kinderschutzhauses wird jetzt auch diese Einrichtung dauerhaft etwas entlastet. Um einen Einzug in diese oftmals letzte Option für Frauen und ihre Kinder zu vermeiden, sind vermehrt auch präventive Angebote für die potentielle Täterschaft nötig. Die Frauenberatungsstelle der AWO unterstützt und berät von Gewalt betroffene und bedrohte Frauen. Auch dieses wichtige Programm kann und muss jetzt weitergeführt werden. Viele Untersuchungen zeigen, dass Frauen und Kinder in den vergangenen beiden Jahren die Hauptlast des Lockdowns zu tragen hatten. Das betrifft sowohl die Arbeitsorganisation zu Hause als auch das Umgehen mit vielfältigen psychosozialen Belastungen. Deshalb ist es gut, dass vom Gesundheitsamt zugesichert wurde, die Einschulungsuntersuchungen wieder in vollem Umfang aufzunehmen, um möglichst allen Kindern mit einem Hilfebedarf sehr frühzeitig eine maßgeschneiderte Förderung zukommen zu lassen.

Jede weitere Verzögerung zieht nicht nur psychisches Leiden der Betroffen nach sich, sondern als weitere Folge künftig sehr viel höhere Kosten für die Allgemeinheit. Auch unser Jugendamt nimmt hier bei der Beratung von Familien und Alleinerziehenden eine ganz wichtige Aufgabe ein beim Auffangen von psychosozialen Folgeschäden des Corona-Lockdowns. Kulturschaffende, Künstler*innen und die Kultur ansich im Kulturland Kreis Höxter haben es gerade in Zeiten der Pandemie besonders schwer. Auftritte und Veranstaltungen wurden und werden gerade wieder abgesagt. Lange vorbereitete Events verschwinden in Minutenschnelle aus den Veranstaltungskalendern der Tourismusbüros und Städte – jede und jeder weiß, dass dort kein Geld verdient werden kann, wo abgesagt werden muss. Jede und jeder ahnt, dass die Menschen, die in dieser Branche beschäftigt sind, nicht nur mit den Nerven am Ende sind, sondern auch oft mit ihren finanziellen Reserven. Das Land half zeitweise, teilweise gut, aber auch teilweise sehr bürokratisch und nach der Methode „Gießkanne“ – wie viele Kulturschaffende nach der Pandemie überhaupt noch wieder in diesem Bereich arbeiten werden, wird sich zeigen. Es ist ein kleines aber hoffnungsfrohes Zeichen, welches der Kreis durch die Anhebung der Fördersumme in den Richtlinien für die sogenannten kleineren Projekte gesetzt hat.

Im Bereich Bildung kam und kommt Bewegung in den Kreis, vor allen Dingen in der Bereitstellung digitaler Medien und mit drei Leuchttürmen, die gerade gebaut werden. Die Brüder Grimm Schule in Brakel wird nach dem hoffentlich bald fertig gestellten Anbau die modernste und für die nächsten Jahre bestens ausgestattete Förderschule im Kreis sein. Es war daher wirklich wichtig, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, wie wir als Mieter mit den sehr in die Jahre gekommenen Gebäuden der beiden Förderschulen in Eversen und Frohnhausen umgehen sollten. Der finanzielle Ansatz, wie er in Haushaltsreden nun einmal der Ausgangspunkt der Betrachtung ist, darf aber grundsätzlich nur hinter einem inhaltlichen Ansatz der Beurteilung der Sachlage folgen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht das Wohl der Kinder und jungen Menschen, die in diesen Einrichtungen unterrichtet werden und einen Großteil des Tages verleben. Ob sich die weiterhin dezentrale Beschulung an den - wohl gemerkt - Rändern der Dörfer den inklusiven Forderungen moderner Bildungskonzepte nähert, wage ich hier zumindest noch einmal als ernstzunehmende Frage aufzuwerfen. Kann eine zentrale Neuausrichtung der Gebäudelandschaft mit der Möglichkeit zum Beispiel in lebbaren Kooperationen mit anderen Schulen und Bildungseinrichtungen des Umfeldes den Schüler*innen nicht größere Perspektiven eröffnen?

Gerade die Förderschule Sprache in Brakel zeigt durch ihre Zusammenarbeit mit den unmittelbaren Nachbarn, der Grundschule, dem offenen Ganztag, aber auch dem Berufskolleg, wie so etwas aussehen kann und wie gewinnbringend dies für alle Beteiligten ist. Wir fanden den Entscheidungsprozess darüber insgesamt zu kurz und hätten uns gewünscht, früher dazu 3 fraktionsübergreifend mit eingebunden zu werden – gerade unsere Fraktion hat doch im ablaufenden Jahr sehr deutlich gezeigt, dass uns bei sicherlich auch unterschiedlichen Auffassungen zu den anderen Fraktionen aber stets an einem konstruktiven und guten Kompromiss in der Sache selbst gelegen ist. Bei einer derart bedeutenden Entscheidung hätten wir uns gewünscht, dass eben tatsächlich alle Aspekte auf den Tisch kommen und priorisierend besprochen werden, bevor eine einfach gegebene parlamentarische Mehrheit einen solchen Diskurs kraft der Stimmenverhältnisse auch noch über eine Presseerklärung für beendet erklärt, ehe auch im Fachausschuss nur ein Wort der Beratung miteinander überhaupt gesprochen werden konnte. Unsere Enthaltung dürfen Sie daher als stilles Zeichen ob dieser Vorgehensweise ansehen. – Hoffentlich zeigen uns die kommenden Jahre, dass die heutige Mehrheitsentscheidung für die Kinder und den Kreishaushalt auch wirklich die Richtige war.

Und da wäre ich auch bereits bei den beiden weiteren Leuchttürmen. Das DigiLAB im Berufskolleg Kreis Höxter wird nach verzögerter Fertigstellung ein Ort sein, an dem modernste pädagogische Ansätze, neuste Technik und innovative Konzepte das Lernen von morgen schon heute erfahrbar werden lassen. Dem Kreis Höxter kann man sicherlich das eine oder andere nachsagen, was aber zumindest im Bereich der Beruflichen Bildung auch einmal ausgesprochen werden muss: Mut zu neuen Schritten in die Zukunft, Beherztheit bei der Umsetzung und Beharrlichkeit bei der Aquise von staatlichen Mitteln führen hier seit Jahren dazu, dass Projekte realisiert werden, die mancherorts nur erträumt werden können. Allen Beteiligten in diesen Prozessen in der Kreisverwaltung, bei den Entscheider*innen und Umsetzenden an dieser Stelle unser ausdrückliches Dankeschön für diesen Einsatz! Wenn dann auch noch in den kommenden Jahren das Bildungszentrum Campus Bohlenweg fertiggestellt sein wird, in dem berufliche Bildung in ihren Ausformungen von berufsschulischer, betrieblicher und überbetrieblicher Bildung ihren festen Standort haben wird, dürften spätestens dann die Nachbarkreise mit ein wenig neidischen Blicken auf den Kreis Höxter schauen.

Dann, gut gerüstet für die Zukunft, muss aber weiter dafür gekämpft werden, dass diese Gebäude auch stets mit Leben gefüllt sind, dass viele Berufe auch weiterhin hier ausgebildet werden können und nicht wegen der Nichterfüllung der offensichtlich nur für Ballungszentren realistischen Mindestfrequenzen in den Berufsschulklassen schlussendlich in die Oberzentren abwandern müssen oder ganz verschwinden. Es bleibt weiterhin die dringliche Aufgabe, dass der Kreis über seine Möglichkeiten in permanentem Insistieren darauf verweist, dass unsere Lage mit zwei anderen Bundesländern an unseren Grenzen eine besondere ist, so dass hier auch besondere Regelungen erforderlich sind. Wer die Weser oder die Diemel als Grenzen auch förderrechtlicher Möglichkeiten ansieht, mag haushaltsrechtlich korrekt denken, aber eben an der Lebenswirklichkeit des ländlichen Raumes absolut vorbei agieren. Das muss sowohl in Düsseldorf, als auch in Hannover und in Wiesbaden, für alle Kreise in ähnlicher Ausgangslage sichtbar gemacht und erstritten werden – Und da bitten wir den Kollegen Goeken als „unseren Mann für den Kreis Höxter“ im Landtag auch in dieser Thematik weiterhin gegen die Türen zu hämmern, bis die Dahintersitzenden dem ländlichen Raum faire Bedingungen zur Vielfalt der Ausbildung in unseren Berufskollegs ermöglichen, oder, wenn es nicht die Einsicht auf Fairness bewirkt, dann deswegen, weil sie das Hämmern einfach nicht mehr hören wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Haushaltsplan bildet realistisch das ab, was gemacht werden muss, einiges, was neu sein wird und nur Weniges, was in den Bereich des Wünschdirwas gehört. Insoweit sind eben Grenzen der Machbarkeit gesetzt. In diesem Jahr liegt ein ausgeglichenes Werk vor. Bereits im nächsten Jahr befürchten wir, dass uns unter anderem die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie sowie die sich jetzt schon abzeichnenden hohen Ausgleichbeträge im Zusammenhang mit dem ÖPNV beispielsweise uns wesentlich mehr Kopfzerbrechen bereiten werden. Ich bin daher für dieses Jahr insoweit noch sehr dankbar, dass die Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Haushaltplan guten Gewissens zustimmen kann und bitte, die konstruktiven Kommunikationsansätze der vergangenen Monate um der Sache willen über die Fraktionsgrenzen hinweg als guten Politikstil und als von uns selbst gesetzten neuen Standard auch im neuen Jahr beizubehalten respektive fortzusetzen.



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