BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

DIE GRÜNEN IM KREIS HÖXTER

Verabschiedung des Kreishaushaltes 2023

Rednerin: Kristin Launhardt-Petersen

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

„Zeitenwende“ ist als das Wort des Jahres 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Sprache ausgewählt worden. Zu Recht - denn gefühlt ist nichts mehr so wie es mal war. „Krieg um Frieden“, steht an zweiter Stelle, gefolgt von Gaspreisbremse und Inflationsschmerz. Das alles fügt sich unter einer großen Überschrift zusammen: Neue Normalität – auf Platz 7 der Wörter für 2022. „Wir sind ganz gut durchgekommen“, meinte der Landrat in seiner diesjährigen Haushaltsrede. Das stimmt, auf unseren Kreis bezogen, sind wir insgesamt ganz gut durchgekommen. Deshalb tragen wir GRÜNE den vorgelegten Haushalt auch mit. Lassen Sie mich folgende Ausführungen dazu machen: Das Jugendamt ist auf gutem Weg. Mit Engagement haben wir GRÜNEN die Entwicklungen rund um das Jugendamt beratend begleitet. Allmählich setzte sich die Erkenntnis im Kreis durch, dass den fehlerhaften Strukturen der Vergangenheit im Jugendamt ins Auge gesehen werden muss. Mit der Analyse von Prof. Schrapper ist die Voraussetzung dafür geschaffen worden, dass neue Kommunikations- und Ablaufstrukturen entstanden - zum Wohl der Kinder und Jugendlichen und auch der Mitarbeitenden. Die zwei neuen Stellen bringen diesen Aufbruch auch ganz materiell zum Ausdruck. Wir werden diesen Prozess auch weiterhin konstruktiv begleiten! Wir GRÜNEN sind froh, dass es gelungen ist, die Beratungsangebote für Frauen und Männer in Notsituationen unterschiedlicher Träger zu verstetigen bzw. zu unterstützen. Das Frauenschutzhaus und die Angebote Nadeschda und Theodora für Frauen in Prostitution und von Menschenhandel betroffene Frauen konnte in geregelte Finanzierungsformen überführt werden. Hinter jeder Frau und jedem Mann, die Beratung und Unterstützung erfahren – wie beispielsweise die Schuldnerberatung - so dass sie ihren Lebensweg wieder aufrecht und selbstbestimmt gehen kann, stehen meist Kinder. Mit den Eltern werden auch sie gestärkt. Kultur, Bildung und Sport sind wichtige Bereiche im täglichen Leben der Bevölkerung, deren wahre Bedeutung erst dann so richtig zum Vorschein kommt, wenn sie wegbrechen. Dies fängt an bei dem Schwund an Mitgliedern und Vereinsvorständen an und reicht bis zum Verschwinden einzelner Künstler.innen aus dem Kreisgebiet. Dennoch beeindruckt die lange Liste der Kulturprojekte, die uns zur Abstimmung vorliegen. Darauf können wir wirklich stolz sein! Deshalb tun wir als Kulturland Kreis Höxter sehr gut daran, auch im neuen Jahr trotz schwieriger Haushaltslage zahlreiche Projekte finanziell zu unterstützen. Diese Projekte 2 ergänzen damit die wertvolle Arbeit der Kultur schaffenden Vereine im Bereich Musik, Chorgesang, Theater aber auch im Bereich der bildenden Künste. Mehr geht immer, und mehr ist auch der große Wunsch vieler in diesem Bereich – allein, es muss ja auch bezahlbar bleiben. Wir halten daher sehr viel davon, dass sich die noch sehr junge Stelle „Ehrenamt“ mit den Vereinen vernetzt und hilfreich zur Seite steht. Das reicht von professioneller Hilfe bei der Mitgliederwerbung bis hin zur Unterstützung bei der Beschaffung von Finanzmitteln. Dort, wo das Hauptamt das Ehrenamt unterstützt und begleitet, kann das Bestehende gesichert werden oder sich gar Neues auftun. Unser Kreis lebt in ganz besonderer Weise vom Ehrenamt, ohne das wir sicherlich die Selbstbezeichnung „Kulturland“ nicht führen könnten. Ebenso wichtig und bedeutend ist die Unterstützung des Sports durch eine auf mehrere Jahre hin angelegte Zuwendung an den Kreissportbund. Auch hier gilt uneingeschränkt: Was da in den Vereinen geleistet wird, ist gesamtgesellschaftlich von unschätzbarem Wert. Allen Vereinen, Vereinigungen und ihren Vorständen, die sich im Bereich Kultur, Brauchtum oder Sport engagieren, sei daher an dieser Stelle ausdrücklich von unserer Seite her ganz herzlich für Ihr segensreiches Tun gedankt. Im Bildungsbereich verantwortet der Kreis die Schulen in seiner Trägerschaft, die er in vorbildlicher Weise unterstützt, weiterentwickelt und damit zukunftsfähig macht. Mit dem Bildungscampus Handwerk nähert sich ein ambitioniertes gemeinsames Vorhaben nun langsam der Fertigstellung - leider mit einem größeren Kostenaufwand als angenommen. Das Geld ist aber gut investiert, wenn an diesem Ort den Herausforderungen der Arbeitswelt entgegengetreten wird – vornehmlich dem Fachkräftemangel - entschlossen und mit innovativen Ideen und neuen Konzepten. In einem Kreis wie unserem im Dreiländereck muss Bildung, insbesondere berufliche Ausund Weiterbildung über die Landesgrenze hinaus gedacht und geplant werden. Ausbildung findet häufig über Kreisgrenzen oder eben Landesgrenzen hinweg statt. Hier darf die jeweilige Kultushoheit nicht wie eine unsichtbare Mauer wirken. Da sind die zuständigen Landesregierungen gefragt. Dies geben wir gern unserem Kollegen Matthias Goeken mit auf den Weg nach Düsseldorf. Der ÖPNV, genauer der NPH treibt vielen Bürgermeistern und Kommunalpolitiker.innen die Schweißperlen auf die Stirn. Hier gilt es, das Angebot so attraktiv zu gestalten, dass Menschen im Flächen-Kreis Höxter auf den Zweitwagen verzichten können. Das große Ziel ist es ja, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und deshalb den ÖPNV zu nutzen! Deshalb schlagen wir GRÜNEN im Kreistag Höxter für den nph dringend einen Beirat vor, der speziell die Wünsche der Nutzer*innen vertritt. Dieser Beirat soll aber mit seiner Expertise aus Sicht der Fahrgäste für ein verbessertes Angebot sorgen. In enger Zusammenarbeit zwischen Politik, operativem Geschäft und den Fahrgästen kann das zu einer win-win-Situation führen, indem die Erfahrung der Nutzer*innen schnell und auf direktem Wege eingebracht wird. Oft sind dann aufwendige und kostenträchtige Untersuchungen nicht mehr notwendig. Wir GRÜNEN sind stolz darauf, als eine von drei Regionen in NRW den Zuschlag als Ökomodellregion bekommen zu haben. Sie nimmt nun Fahrt auf. Mit Anne-Mone Spallek , Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN und Berichterstatterin für den ländlichen Raum, die kürzlich unseren Kreis besuchte, flossen zusätzlich 100.000 EUR für die Regionalbewegung konkret nach Borgentreich. Für regionale Wertschöpfungsketten und ein BioWertschöpfungszentrum wird es weitere Förderungen geben, versprach sie. Als letzten Punkt möchte ich das Augenmerk auf das kommende Jahr richten. Welche Lehren ziehen wir aus 2022? 3 Wir haben einen viel zu heißen und trockenen Sommer erlebt. Die Ereignisse in diesem Jahr haben uns vor Augen geführt, dass wir hier im beschaulichen Kreis Höxter im wunderschönen Weserbergland nicht auf der Insel der Seligen leben, sondern auch uns die globalen Verwerfungen und Krisen unmittelbar treffen. Unsere Abhängigkeiten von Gas und Öl haben dazu geführt, dass das hässliche Wort: Gasmangellage das Licht der Sprachwelt erblicken konnte. Wir müssen auf all das reagieren – ob wir wollen oder nicht. Wir haben alle schmerzlich miterlebt, wie abhängig wir von fossilen Energieträgern sind und wie skrupellos unsere Abhängigkeit durch unseren Energiehunger an den Märkten der Welt genutzt wird, um die Preise in ungeahnte Höhen zu treiben. Die Energiefrage ist nicht nur eine geopolitische sondern trifft den Kern unseres gesellschaftlichen Miteinanders. Wenn Energie nicht mehr von der ganz großen Mehrheit der Gesellschaft selbstständig bezahlt werden kann, drohen heftige Konflikte. Wenn aber fossile Energieträger subventioniert werden, an dem Verbrauch an sich aber nicht Substanzielles geändert wird, geht der Protest junger Menschen, die sich um ihre Zukunft betrogen fühlen weiter und wird lauter und heftiger werden. Viele dieser jungen Menschen sind zutiefst verzweifelt. Denn über allen Krisen mit denen wir konfrontiert sind, hängt die Klimakrise. Sie steht wie ein Menetekel an der Wand. Wir müssen die Zeichen erkennen, ernst nehmen und handeln! Das 1,5 Grad-Ziel muss die Messlatte für alle unsere politischen Entscheidungen sein. Bei all dem sind wir uns hier im Saal einig, denke ich – im Prinzip jedenfalls. Wir im Kreis Höxter sind schon gut vorangekommen, aber wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Wir müssen die Zugpferde sein - wer denn sonst, wenn nicht der ländliche Raum?! Für uns im Kreis Höxter sind die Windenergie und die Photovoltaik die erneuerbaren Energieträger die uns hier vor Ort zur Verfügung stehen. Kürzlich meinten aber zwei OWLPolitiker in einem Interview, dass „jetzt eine ergebnisoffene Diskussion über die Energieträger der Zukunft geführt werden muss“, Da kann ich nur sagen: das können wir uns nicht mehr erlauben! Liebe Kolleginnen und Kollegen, dazu hatten wir in den letzten 30 Jahren reichlich Zeit. Viele haben sie genutzt, wenn man sich die zahlreichen Photovoltaikanlagen auf Privathäusern und landwirtschaftlichen Gebäuden ansieht. Gut so! Die Städte sind dabei, Potenzialflächen für Windräder festzulegen. Sie sollen das Heft des Handelns in der Hand halten, Bürger sollen sich beteiligen können und direkt von Windkraftanlagen oder großen Photovoltaikanlagen profitieren. Sehen wir in dieser Krise die Chance, uns ganz unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen. Stellen Sie sich bildlich vor, wir fahren alle mit Elektro-Autos oder Bussen fast umsonst und heizen mit Wärmepumpen autark. Dieses Bild ist schon Realität und kein Weihnachtsmärchen! Aber statt Begeisterung und Aufbruchsstimmung hat sich überall im Kreis eine Haltung des Bremsens, des Verzögerns eingenistet. Der Geschäftsführer Erneuerbare Energien NRW, Herr Mildenberger stellte kürzlich fest, das Problem im Kreis Höxter sei, dass der Windkraftausbau vielfach als Zumutung begriffen werde. Man verheddert sich in Diskussionen um Anstände: 2H, 3H oder gar 5H? Was wird nicht alles ins Feld geführt gegen Windräder? Alle Einwände haben ihre Berechtigung, aber wir müssen klar haben, wo wir hinwollen! In diesem Jahr wurden nur vier Anlagen im Kreis Höxter genehmigt, lt. Jürgen Quentin, Fachagentur Windenergie. Windräder muss man nicht schön finden, aber Windräder stehen i.d.R. 20 Jahre. Viele werden danach abgebaut – dann sieht es auf dem Acker aus wie eh und je. 4 Das CO2, das ohne diese Windräder in die Atmosphäre entwichen wäre, wird dagegen erst nach vielen, vielen Jahrzehnten abgebaut und trägt so lange zur Erderhitzung bei. Wollen wir das wirklich? Die globalen Folgen können inzwischen sehr genau beschrieben werden – nur mit dem Unterschied, dass alles viel schneller abläuft als prognostiziert. Und wir leben in einer Weltregion, die offenbar besonders betroffen ist. Die vielfältigen Folgen kennen Sie alle. Ist das die „Neue Realität“ – Wort Nr. 7 des Jahres 2022? Ich glaube nicht, dass wir unausweichlich auf apokalyptische Lebensumstände für unsere Kinder und Enkel zusteuern. Wir sind noch handlungsfähig. Aber es darf nicht mehr sechs Jahre im Schnitt dauern, bis ein Windrad steht, es darf auch bei der Freiflächenphotovoltaik nicht monatelang darüber gegrübelt werden, ob die Module blau, braun, grün oder pink sind. Dieses Zeitfenster hat sich geschlossen! Wir wollen und wir müssen als Politiker und Politikerinnen unsere Bürger und Bürgerinnen mitnehmen in eine CO2 frei Zukunft. In eine Zukunft in der Bürger.innen direkt profitieren von den erneuerbaren Energieanlagen vor ihrer Haustür. Und der Kreis gehört auch zu den Gewinnern! Lassen Sie uns gemeinsam die Energiewende anpacken, die diesen Namen verdient. Es gibt noch viel zu tun, zu verlieren oder zu gewinnen! Zu guter Letzt möchten wir uns als GRÜNE Fraktion bedanken für die insgesamt gute und kollegiale Zusammenarbeit zum Wohle des Kreises Höxter.



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