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Rede zum Haushalt 2012

09.02.12 –

Haushaltsrede zum Haushalt 2012 Kreis Höxter

 

Es gilt das gesprochene Wort


Anrede,


Das Jahr 2011

 

Das Jahr 2011war ein Jahr der Veränderungen: Im „Arabischen Frühling“ begannen die Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika gegen die dort herrschenden Strukturen auf die Straße zu gehen. Nach einem verheerenden Tsunami kam es in Japan zur Atomkatastrophe in Fukushima. Und im Euro-Raum fragen wir uns immer noch, wie breit der Rettungsschirm für unsere Währung sein soll und wie Europa in Zukunft aussehen wird.

 

Die CDU beschließt den Automausstieg und entdeckt plötzlich die Erneuerbaren Energien. Herr Kretschmann wird 1. grüner Ministerpräsident. FDP steht nach Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger als Abkürzung für: fast drei Prozent.

 

Der Weserskywalk wird eingeweiht, und Trianel plant ein Pumpspeicherwerk im Kreis. Nach dem Schulkonsens in NRW und dem Vorliegen des kreisweiten Schulentwicklungsplanes kämpfen CDU und andere für Schulformen, die sie bisher aufs Heftigste bekämpft haben (Bad Driburg, Brakel).


Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG)

 

Die NRW-Kommunen erhalten mit dem GFG 2012 rund 8,4 Milliarden Euro. Der Betrag steigt gegenüber 2011 um rund 500 Millionen. Das ist der höchste Betrag in der Geschichte des Landes, der an die Kommunen bezahlt wird.

 

Zugegeben, die gute Steuerentwicklung der vergangenen Monate ist auch ein Grund für den Anstieg.

 

Mit dem GFG 2012 werden die Kriterien für den kommunalen Finanzausgleich an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Die Änderungen gehen auf das Ifo-Gutachten aus dem Jahr 2008 zurück. Eine längst überfällige Anpassung wurde umgesetzt. Das GFG berücksichtigt jetzt auch die hier und an anderer Stelle im letzten Jahr beklagten Defizite.

 

Besondere Härten im Kreis Höxter werden berücksichtigt

 

Die Flächengemeinden mit einer geringen Einwohnerzahl wie die Kommunen im Kreis Höxter werden über den Flächenansatz gestärkt. Die Folgen rückläufiger Einwohnerzahlen werden durch den geforderten und jetzt eingeführten Demografiefaktor abgemildert. Letzteres war eine Forderung des Kreistages in 2011.

 

Dass Beverungen als eine der finanzschwächsten Städte im Kreis sehr hohe Schlüsselzuweisungen bekommt, zeigt, dass die Systematik des GFG grundsätzlich funktioniert: Wo Steuern weggebrochen sind, erhält man höhere Schlüsselzuweisungen.


Nationalpark und Zukunftsaufgaben


Kleines Quiz zum Auflockern: Was feiert die Diskussion um einen Nationalpark in Ostwestfalen-Lippe in diesem Jahr?


Antwort: Ihren 21. Geburtstag! Der einstimmige Beschluss für einen Nationalpark in OWL des NRW-Landtages aus 1991 hat immer noch Bestand.

 

Und damit ist die Diskussion in guter Gesellschaft, denn auch der Kellerwald hier um die Ecke in Hessen hat rund 18 Jahre gebraucht, bis er endlich das Qualitätssiegel „Nationalpark“ hatte.

 

Heiß gemachte Debatte

 

Ja, was wir hier in den letzten Monaten an heißer oder besser gesagt heiß gemachter Debatte erleben, ist nichts Besonderes. In der Entstehungsphase fast aller Nationalparke in Deutschland werden die buntesten Säue durchs Dorf getrieben!

 

Die buntesten Säue werden durchs Dorf getrieben

 

Auch im Umfeld des Nationalparks Bayerischer Wald wurde behauptet, die Holzindustrie wird abgesägt, Kinder werden aus dem Wald ausgesperrt, Wölfe und Bären dafür im Wald freigelassen, Plagen biblischen Ausmaßes werden das fruchtbare Land verwüsten usw. usw.

 

Am Ende siegt die Vernunft

 

Nur - dass heute weder im Bayerischen Wald noch im Kellerwald noch in der Eifel solche Behauptungen noch irgendetwas anderes als ein müdes Lächeln hervorrufen. Dort findet sich kein Ernstzunehmender mehr, der gegen den Nationalpark zum Feldzug aufruft. Dort hat längst die Vernunft über verblendete Ideologie gesiegt.

 

Ihr spät unterbreiteter Kompromissvorschlag, Herr Landrat, die Kreisflächen zunächst aus der Nationalpark-Planung herauszunehmen, musste der Minister aus fachlichen Gründen ablehnen (Schreiben des Ministers vom 09.01.12). Auch Ihre dargelegten Gründe in einem Gespräch mit unserer Fraktion konnten uns nicht überzeugen.

 

Aber, seien wir ehrlich, dieses Thema Nationalpark Teuto – ja oder nein – wird uns noch eine Weile beschäftigen. Denn es wird ja gebraucht! Es sichert immerhin einer kleinen Partei wenn schon nicht das bundesweite, so doch wenigstens das regionale Überleben!

 

Liberal heißt andere Meinungen achten

 

Das ist ihr gutes Recht, und wir finden es auch gut und richtig, dass es eine liberale Partei in Deutschland gibt - allerdings bedeutet liberal im guten Sinne des Wortes, dass man andere politische Meinungen toleriert und achtet. Da haben unsere blau-gelben Freunde aktuell noch eine große Aufgabe vor sich!

 

Wortwörtliche Bauernfängerei

 

Apropos Toleranz: Ich stelle für den gesamten Kreistag folgendes fest: Vorfälle, wie das Hupkonzert einer Gruppe von Nationalparkgegnern, die einen unbeteiligten Hof in Schlangen, na, sagen wir mal „beschallt“ haben, kann bei Demokraten nicht auf Toleranz hoffen. So etwas tut man nicht! Hier sind offenbar Sicherungen durchgebrannt. Und dafür tragen auch diejenigen Verantwortung, die mit Parolen wie „Kinder dürfen nicht in den Nationalpark“ im wahrsten Sinne des Wortes „Bauernfängerei“ betreiben.

 

Dieser Vorfall hat nur dann ein Gutes, wenn er die Nationalparkgegner zur Vernunft und wieder zurück auf die Ebene einer sachlichen Diskussion bringt.

 

Befragung der Bevölkerung

 

Wir Grünen wollten die Entscheidung in Lippe abwarten (Befragung der Bürgerinnen und Bürger) und haben um Vertagung des entsprechenden Tagesordnungspunktes gebeten. Sie wollten allerdings Ihr Ding durchziehen, liebe FDP, -UWG-, CDU-Kollegen. Eine Befragung der Bevölkerung kommt für Sie nicht in Frage.

 

Übrigens bei einer Umfrage der Neuen Westfälischen Höxter sprachen sich 60% für einen Nationalpark aus (Umfrage vom Februar 2012).


Kreis als Moderator in der Schulentwicklung

 

Aber kommen wir zu wichtigeren Themen und damit zu den Aufgaben, die sich Ihnen, Herr Landrat Spieker, in diesem Jahr stellen, und für die wir Ihnen mit diesem Haushalt die Mittel zur Verfügung stellen:

 

Wir erleben einen enormen Wandel in der Schullandschaft. Der Kreis und die 10 Städte hatten das Rösner-Gutachten in Auftrag gegeben, das nun für viel Wirbel sorgt.

 

Nun kann der Landrat aber nicht einfach rum stehen und zuschauen, wie die Städte versuchen, einen Wettlauf um eine Gesamtschule zu veranstalten! So geht das nicht!

 

Schullandschaft stadtübergreifend gestalten

 

Wir brauchen einen „ehrlichen Vermittler“, Herr Spieker. Die Schullandschaft muss über Stadtgrenzen hinaus gedacht werden. Wenn die Städte das nicht so reibungslos schaffen, wie wir alle uns das wünschen, dann, Herr Landrat Spieker, dann sind Sie in der Pflicht!

 

Auf die Ergebnisse der Untersuchung der zukünftigen Entwicklung unserer Berufskollegs sind wir sehr gespannt.


Erneuerbare Energien

 

Herr Landrat, Sie haben im Oktober darauf hingewiesen, dass bereits 35% des erzeugten Stroms in Kreis Höxter aus regenerativen Energien stammt.

 

Das ist sehr erfreulich, das reicht aber nicht, Herr Landrat! Was ist mit dem Wärmebedarf? Was ist mit dem Energiebedarf für unsere Mobilität?

 

Wir sehen durchaus Ansätze, so z.B. die gemeinsame Beauftragung der Bauleitplanung Erneuerbare Energien - das ist eine richtig gute Idee von Ihnen, Herr Spieker!

 

Machen Sie weiter so, und Sie haben unsere Unterstützung!


Fracking

 

Unsere Unterstützung haben Sie auch, wenn es darum geht, unseren Kreis frei von gefährlichen Erdgasbohrlöchern zu halten!

 

Unsere Bundestagsfraktion hat aktuell einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Bergrecht so ändern soll, dass wir alle von Fracking-Methoden verschont bleiben. Bitte wenden Sie sich an Herrn Herrmann! Bitten Sie ihn, diesen Antrag in seiner Fraktion zu unterstützen!

 

Sie werden die Zustimmung Ihres Landesvorsitzenden und Ihrer Landtagsfraktion haben, wenn Sie sich ganz offensiv gegen diese Methoden der Erdgasgewinnung positionieren. Nur Mut! Das kann auch ruhig mal ein Presseartikel sein!


Salzeinleitung an der Landes – und Kreisgrenze

 

Nach der Sitzung zum Jahresende haben wir uns an Sie gewandt, Herr Landrat, und Ihnen unsere Sorge zur Zukunft der Weser dargelegt:

 

Der Konzern Kali+Salz plant als Ersatz für die Einleitung der Salzabwässer in die Werra eine Pipeline nach Karlshafen. Direkt an der Landesgrenze würden dann die Salzabfälle der Kaliproduktion in Hessen vor unserer Haustüre in die Weser geleitet.

 

Das kann unsere Zustimmung nicht finden!

 

Es kann nicht sein, dass dieser Konzern dem Ärger, den er durch wirklich wütende Bürgerinnen und Bürger in Hessen hat, dadurch aus dem Wege geht, dass er seine Abfälle dann vor unserer Haustüre in die Weser kippt!

 

Landrat ist gefordert

 

Wir haben Sie gebeten, als Kreis Höxter eine Informationsveranstaltung mit Vertretern von Kali+Salz, mit Vertretern der Angler, mit Vertretern der Naturschutzverbände, mit den Anliegerstädten und mit den Bürgerinnen und Bürger zu organisieren.

 

Herr Landrat Spieker, setzen Sie unsere Anregung um! Und Sie haben unsere volle Unterstützung, unsere Anerkennung und unseren Respekt!


Anträge Dritter

 

Die Anträge Dritter konnten fast alle einvernehmlich entschieden werden.

 

Verhütungsmittel aufstocken

 

Warum aber ausgerechnet der Antrag von Donum Vitae auf Erhöhung um 1000 Euro von CDU, UWG und FDP abgelehnt wurde, ist inhaltlich nicht nachvollziehbar. Durch diese Entscheidung gibt es keine Planungssicherheit für Donum Vitae. Denn ab September letzten Jahres waren die für den Verhütungsfonds vorgesehenen Mittel verbraucht und die Frauen mussten abgewiesen werden. Wir wollen die Frauen nicht bevormunden. Wir unterstellen den Mitarbeiterinnen von Donum Vitae keine laxe Einstellung bei der Vergabe der Mittel.

 

Dies ist eine ideologisch geprägte Entscheidung des Fachausschusses, meine ablehnenden Kreistagsmitglieder, keine Sachentscheidung.


Verbraucherberatung

 

Eine unabhängige und bürgernahe Verbraucherberatung soll es nach dem Willen von uns Grünen auch im Kreis Höxter geben. Der Kreis gehört zu den letzten acht in Nordrhein-Westfalen ohne ein solches Angebot. Wir haben daher den Antrag gestellt, diese Lücke zu schließen.

 

Unabhängige Beratung

 

Unser Ziel ist es, dass auch die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Höxter umfassend, fachkundig und unabhängig in allen Verbraucher-Angelegenheiten beraten werden. In Zeiten immer unübersichtlicher werdender Angebots-Dschungel kommt der vertrauenswürdigen Beratung eine immer größere Bedeutung zu. Die Verbraucherzentrale NRW genießt eine hohe Wertschätzung, ihre gute Arbeit ist allgemein anerkannt.

 

Zudem beteiligt sich das Land NRW an den Kosten der Einrichtung zu 50%, die andere Hälfte muss kommunal finanziert werden. Wir meinen, das ist gut angelegtes Geld auch für alle 10 Städte. Verbraucherberatung ist ja schon für sich genommen ein hoher Wert. Ratsuchende bekommen Hilfe, die Verbraucherrechte werden gestärkt.

 

Wirtschaft profitiert von fairem Wettbewerb

 

Hinzu kommen nach unsere Ansicht noch handfeste wirtschaftliche Vorteile: Die Verbraucherzentrale schafft Transparenz und Vertrauen und sorgt für fairen Wettbewerb, der allen Marktbeteiligten zugute kommt. Ihre Beratungstätigkeit generiert Investitionen und befördert Kaufentscheidungen. Aktuell stehen besonders die Bereiche Energieberatung und Finanzberatung im Fokus des Verbraucherinteresses.

 

Nach Annahme unseres Antrages auf Information sind wir sehr gespannt auf den Sachvortrag im nächsten Fachausschuss und auf die anschließende Entscheidung.


Fazit

 

Die zentralen Aufgaben, die sich uns in den kommenden Monaten und Jahren stellen, liegen hier:

 

1. die Schullandschaft muss jedem Kind mit fairen Chancen möglichst wohnortnah alle Abschlüsse ermöglichen!
2. Gefährliches Erdgasbohren im Kreis Höxter muss verhindert werden!
3. Und das ist die logische Konsequenz aus 2.: Erneuerbare Energien schaffen nicht nur eine saubere Umwelt, sondern Wertschöpfung in der Region, im Kreis Höxter, Wertschöpfung für die Menschen im Kreis Höxter - nicht für einen Kanadischen Konzern! Wir hoffen, dass die Wind-Potential-Analyse bald vorliegt, damit zügig Bürgerwindparks entstehen können und noch weitere Menschen im Kreis Höxter von den Erneuerbaren Energien profitieren.
4. Herr Landrat, machen Sie den Herren von Kali+Salz klar, dass wir den Abfall, den sie vor unserer Haustür entsorgen wollen, nicht haben wollen! Warum sollten wir auch? Unterstützen Sie die betroffenen Städte. Nutzen Sie alle ihre Möglichkeiten, um die Sauerei von K + S zu verhindern. Unsere Unterstützung haben Sie.


Diese Aufgaben sind Ihre Aufgaben, Herr Landrat! Machen Sie sich ans Werk! Ich glaube, eine große Mehrheit des Kreistages wird Sie dabei unterstützen.

 

Der vorgelegte Haushaltsplan ist eine Antwort auf die aktuellen Probleme des Kreises:


Er ist handwerklich und fachlich vom Kreiskämmerer und seinem Team korrekt aufgestellt.

 

Er ist kommunalfreundlich. Verbesserungen bei der Landschaftsverbandsumlage werden 1 zu 1 an die Städte weitergegeben.

 

Er sieht im sozialen Bereich Mittel zur Prävention vor zur langfristigen Senkung der Sozialkosten. Er ist also in Teilbereichen nachhaltig.

 

Unsere Fraktion stimmt trotz Kritik im Einzelfall dem Haushalt zu.

 

Vertrauensvorschuss

 

Unsere Zustimmung zum Haushalt ist aber ein Vertrauensvorschuss, den Sie, Herr Landrat, durch Ihr konkretes Handeln im grünen Sinne in den aufgezeigten Punkten rechtfertigen sollten.

 

Herrn Fleischer und seinem Team und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung danken wir für die Arbeit im vergangenen Jahr.

 

Uns allen wünsche noch ein schönes gutes Restjahr 2012 im Kulturlandkreis Höxter.

 


Gisbert Bläsing
Fraktionssprecher Grüne im Kreistag Höxter

Höxter, den 9.2.2012

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Reden Kreistag


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