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Zu viel Straßenbau, zu wenig soziale und ökologische Problemlösungen im Entwurf können nicht überzeugen!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stickeln, sehr geehrter Herr Weber, geschätzte Kolleginnen – hier vertreten mit 12,9% und Kollegen – hier vertreten mit 84,6%! Dies nur an dieser Stelle, weil da ja fälschlicher Weise in der Presse der Frauenanteil zunächst völlig unterbewertet wurde, denn der aufmerksame Zuhörer hat längst gemerkt: da ist Eine vergessen worden, und Gott sei Dank sind wir Frauen doch tatsächlich viel mehr, nämlich 15,4%!
Ja, was sagt man als Sprecherin einer Oppositionspartei an dem Beginn einer Rede zu diesem Haushalt? Herzlichen Glückwunsch, Glück gehabt ob guter Konjunktur oder Ähnliches… und wem gratuliert man überhaupt? Dem Bürgermeister, dem Kämmerer, uns – dem gesamten Rat – oder uns Allen zusammen mit allen Bürgerinnen und Bürgern in dieser Stadt? Denn ohne diese ergäbe das Ganze hier ja gar keinen Sinn. Denn dafür ist ein kommunaler Haushalt da: zum Wohl und für ein gelingendes Leben all derer, die in dieser Stadt leben.
„Eckdaten zaubern Glanz in die Augen!“ Zu lesen und zu sehen in der Berichterstattung der örtlichen Presse anlässlich der Präsentation des diesjährigen Haushaltsentwurfes durch Bürgermeister und Kämmerer. Ein Überschuss von je knapp einer Million Euro in den nächsten 3 Jahren – der erfreulichste Haushalt in der bisherigen Amtszeit, so der Bürgermeister! Dem schließe ich mich rückblickend auf meine Ratszugehörigkeit gerne an. Die Prokopfverschuldung ist deutlich zurückgegangen, die Stadt auf einem guten finanztechnischen Weg. So könnte man die Positiva fortsetzen, über sprudelnde Steuereinnahmen, unangetastete allgemeine Rücklagen, Überschüsse aus 2017 usw…
Ich werde an dieser Stelle nicht weiter ins Detail des umfangreichen Gesamtzahlenwerkes eingehen. Haben wir alle gehört, manche auch gelesen, konnte man in der örtlichen Presse in Eckdaten finden.
UND man höre und staune: erstmalig hat es der Investitionsteil eines Warburger Haushaltes, dem ich mich nun auch zuwenden möchte, in ein Lied geschafft, dem knapp 1000 Zuhörer während der beiden Warburger Kabarettnächte lauschen konnten! Und da war die Stimmung dann prächtig!
Sarah Hakenberg, seit 3 Jahren in Warburg lebende Kabarettistin, hat das Kunststück geschafft, die geplanten Investitionen von 10 Millionen Euro in ein Format zu verpacken, das aus Bürgerinnen- und Elternperspektive mal einen anderen Blick auf den Wirtschaftsstandort Warburg und die Ausgabenverteilung zwischen Straßen und Bildung wirft. Und Herr Weber, Sie mögen verzeihen, da war mehr Applaus als sie es bei Ihrer Präsentation gewohnt sind!
Die Haushaltsrechnung von Frau Hakenberg klang so:
10 Millionen Investition – Schwerpunkte Bildung und Wirtschaft
= 2,4 Millionen übrig für den Schwerpunkt Bildung
Zieht man davon die Kosten-die zwar auch irgendwie Bildung sind – für KITA-Ausbau und Ausbau Betreuungsräume an den beiden Grundschulen ab, stellt sie dem begeisterten Publikum die Frage, wie man mit der Restsumme gegen überfüllte Schulen mit kleiner werdenden Außengelände und dem mangelnden KITA-Platzangebot in der Kernstadt noch etwas Effektives tun kann. Frau Hakenberg hat ihrem Publikum das Thema mit auf den Heimweg gegeben, ob so Schwerpunktpolitik aussieht. Und das dürfen Kabarettistinnen so tun, denn sie hinterfragen mit ihrem Blick die scheinbare Gültigkeit des politischen Mainstream in einer Gesellschaft.
Und damit zurück auf unseren Haushalt hier und heute. Aus unserer grünen Sicht bauen und bauen und bauen wir Straßen, von deren tatsächlichen Gewinn wir nur Vermutungen und Prognosen anstellen können. Aber die Kinder, die Kitaplätze und gut ausgestattete Schulen brauchen, die sind schon da!
Man kann ihnen beim Heranwachsen zusehen und man kann berechnen, welche Schulgrößen wir zukünftig brauchen werden, welche Garantien wir laut Gesetz für Betreuung liefern müssen – und auch wollen sollten.
In den letzten Wochen konnte man in der Presse auch lesen von ruhestörenden Jugendlichen an öffentlichen Plätzen, wie z. B. am neuen Busbahnhof. Aber wo sollten sie sich auch treffen, was gibt es an nichtkommerziellen Angeboten für junge Leute im Alter zwischen 14 und 17 Jahren ? Die klasse Arbeit, die unser städtisches Jugendzentrum und sein engagierten Mitarbeiterinnen machen, erreicht mehr die Jüngeren – die Öffnungszeiten, die sich auch aus den entsprechenden Personalressourcen ergeben, können so gar nicht in die Abendstunden jenseits von 19.00 Uhr gehen. Die Zeit, in der ein Alternativangebot statt Treffen auf der Straße überdacht werden sollte!
Und all diese Familien, zu denen diese Kinder und Jugendlichen gehören, die sich hier in unserer Stadt ihren Lebensmittelpunkt ausgesucht haben, kann man als die tatsächlichen Investoren für unsere kommunale Zukunft betiteln, denn dazu tragen sie alle mit ihren gewählten Lebensformen ganz persönlich und einzeln bei.
Daher: Mit der Geschwindigkeit und dem Personaleinsatz, und der Konzentration, mit der wir das Bauen von Straßen vorantreiben, mit all dem sollten wir an diese Vorausplanungen im Bereich Kita und Schule herangehen und mit der Entwicklung und Umsetzung zügig beginnen.
Dafür wird nun das Bauamt um 1 Stelle für einen Tiefbauingenieur erweitert. Das bringt Entlastung für die überforderten Mitarbeiter dort – aber nicht im ausreichenden Maß, wie es für die baulichen Aktivitäten eigentlich erforderlich wäre.
Auf den Umsetzungsstau, der dadurch entsteht, hat der Kämmerer bereits im vergangenen Jahr hingewiesen und hat es auch in diesem Jahr wieder getan.
Hinzu kommt, dass es ebenso in Richtung Instandhaltung und Renovierung kein ausreichendes Gebäudemanagement gibt, geschweige denn ausreichende Personalressourcen um das von uns seit Jahren eingeforderte Energiemanagement voranzutreiben und endlich für ein Energieeinsparungskonzept in öffentlichen Gebäuden ein Konzept zu entwickeln.
Der Kämmerer berechnet hier zu erzielende Einsparpotentiale mit einer 6 stelligen Summe, geschweige denn der ökologische Effekt, der dadurch erreichbar wäre. Auch der Betrieb und die Wirtschaftlichkeit unserer Heizkraftanlagen scheint überprüft werden zu müssen.
Wir werden daher einen entsprechenden Antrag vorbereiten, der die Einrichtung einer solchen Personalstelle und das Erstellen eines entsprechenden Gebäudemanagements beinhalten wird.
Thema Energie weißt bereits schon auf das für uns Grüne so bedeutsame Thema Klimaschutz hin.
Schaut man sich auf den Web-Seiten unserer Kreis-Nachbarstädte um, findet man dort Extra-Kapitel zu diesem Thema. Es werden Energiespartipps gegeben, auf Seiten verlinkt, die Fragen nach energetisch sinnvollen Handeln beantworten. Manche der Städte im Kreis Höxter haben eigens kommunale Konzepte ausgearbeitet. Andere haben bereits einen Klimabeauftragten in ihrer Verwaltung installiert oder die Stelle ausgeschrieben.
Geht man jedoch auf die Warburger Website findet man das Alles nicht.
Man findet unter dem Stichwort Klima eine Mitarbeiterin der Verwaltung und dort den Hinweis auf den Klimaschutzpreis von Innogy , sowie den Hinweis, dass man auch für Fragen für die „übrigen Belange“ zum Thema Klimaschutz zur Verfügung stehe – aber das war es dann auch!
Und wenn man sich die weitere Aufgabenbeschreibung der Kollegin anschaut, dann wünscht man ihr heimlich, dass nicht zu viele Menschen Nachfragen zum Klimaschutz stellen, denn wie sollte sie das dann ob ihrer anderen Tätigkeitsfelder bearbeiten können.
Das ist definitiv zu wenig, Herr Bürgermeister – so kann man mit einem solchen wichtigen und zukunftsgerichteten Thema nicht umgehen. Das ist dessen in keiner Weise würdig oder angemessen. Hier muss dringend nachgebessert werden und auch hier sehen wir auf Grund der komfortablen Haushaltslage, und auch in unserer Verantwortung als Erd-Charta-Stadt und für unser Engagement für einen effektiven Klimaschutz, der den Namen verdient ganz klar die Notwendigkeit für :
Die Einrichtung einer entsprechenden Personalstelle, die sich dann auch mit voller Kraft und umfassend der Thematik widmen kann. Ein Antrag folgt.
Und nochmals das Thema Soziales: Deutschlandweit ist trotz Konjunktur ohne Ende und Milliarden Gewinnen in der Wirtschaft ein weiterer Anstieg der von Armut bedrohten Kinder und Familien, sowie Menschen in Altersarmut festzustellen. Die Diskussion rund um die Tafeln und die mehr als fragwürdigen Aussagen eines Bundesministers zur ausreichenden Lebensgrundlage mit dem Hartz IV -Satz haben es nach ganz vorne in die Medien gebracht – und darüber muss auch geredet werden. Auch hier bei uns!
Im letzten Schulausschuss wurde der Sozialbericht der Stadt Warburg präsentiert – aber am Ende einer über 2 Stunden andauernden Abendsitzung war dies kein geeigneter Zeitpunkt, um tiefer in die Thematik einzusteigen. Dies muss jedoch dringend nachgeholt werden und die hier dargestellten Zahlen analysiert werden.
Ein Anstieg der Zahlen derer, die entsprechende öffentliche Förderung für ihren Lebensunterhalt beantragen, ist auch hier bei uns zu verzeichnen.
Auch in Warburg wird die Tafel der Diakonie stark frequentiert. Hier leisten Ehrenamtliche eine klasse Arbeit, die unsere Anerkennung verdient.
Aber wir sollten als politisch Verantwortliche nicht nur zuschauen, sondern uns genauer ansehen, wo die Notlagen sind, wo wir Unterstützung anbieten und Programme entwickeln können.
Wir werden das Thema für die Sitzung des nächsten Schulausschusses einbringen.
Gleichermaßen sollte das Thema des sozialen Wohnungsbaues und die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum für finanziell schwächer aufgestellte Menschen in den Fokus genommen werden.
Auch haben viele der zu uns geflüchteten Familien inzwischen ihre Anerkennung und könnten in privaten Wohnraum umziehen. Aber es fehlt an entsprechenden Angeboten. Und sehr gerne hier nochmals unser Dank und unsere Anerkennung an die immer noch engagierten Ehrenamtlichen, die weiterhin am Gelingen einer Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft tatkräftig unterstützen.
„Wir schaffen das“ hätten und werden wir ohne Euch nicht schaffen / geschafft haben.
Zum Abschluss also nochmals der Blick auf das Licht, das Glanz in die Augen von Bürgermeister und Kämmerer bringt.
Und das alte Sprichwort: Wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten!
Das haben wir als Grüne versucht, mit unseren Aussagen deutlich zu machen. Unsere derzeitige Haushaltslage bringt uns die Möglichkeit, dort hinzuschauen, wo wir bisher nicht hingesehen haben, dort zu investieren, wo es in unserer kommunalen Gemeinschaft drückt. An einer ausgewogenen Gewichtung der Prioritäten sollten wir arbeiten, wir wollen dazu beitragen.
Unser Dank gilt aber auch all den Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, die sich täglich in den Dienst für alle Bürgerinnen und Bürger stellen: Danke für Ihren Einsatz und ihre Unermüdlichkeit!
Ein ganz herzlicher Dank an den Kämmerer Herrn Klaus Weber für seine ausführlichen und verständlichen Erläuterungen, für die Geduld und die Zuverlässigkeit bei unseren Nachfragen und ein gut auf- und ausgestelltes Zahlenwerk.
Bleibt zum Schluss die Erklärung zur Zustimmung oder Nicht-Zustimmung zu diesem Haushalt.
Dies zu entscheiden, haben wir uns nicht leicht gemacht, denn:
Alles Themen, hinter denen wir ganz klar stehen können! Von uns sehr geschätzte Menschen, die an entscheidenden Stellen eine gute Arbeit machen !
Aber dann haben wir auch feststellen müssen, dass trotz der vorhandenen finanziellen Potenziale aufgrund der guten Haushaltslage für uns entscheidende Themen immer noch nicht angegangen werden, dass ein effektives Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit und Ökologie immer noch nicht erkennbar ist, dass weiterhin an einem für uns immer noch zweifelhaften und alternativ möglich zu gestaltendem Straßenprojekt mit Millionenausgaben festgehalten wird!
All dies Themen, die unsererseits in den vergangenen Jahren immer wieder eingefordert wurden, aber deren Umsetzung nur halbherzig oder eben auch in diesem Haushalt nicht erkennbar angegangen werden.
Und wie gesagt, es ist uns nicht leicht gefallen, aber wir haben uns entschieden :
Wir stimmen wegen all dem soeben Festgestellten diesem Haushalt nicht zu! Verbunden mit der Hoffnung, dass sich dann etwas bewegt was sich aus unserer Sicht bewegen muss!
Wir hoffen, dies mit unseren Ausführungen deutlich gemacht zu haben und Einige von Ihnen Allen vielleicht sogar erreicht zu haben !
Und deshalb vielleicht als hoffnungsvoller und optimistischer letzter Satz Etwas aus einem Gedicht von Mascha Kaleko, einer jüdischen Dichterin, die wunderbare Gedanken über das Leben niedergeschrieben hat:
SEI KLUG UND HALTE DICH AN WUNDER!
Warburg 19.03.2018 Fraktionsvorsitzende Hilla Zavelberg-Simon
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