BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

DIE GRÜNEN IM KREIS HÖXTER

 

Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2009

Ludger Roters

Fraktionssprecher

Bündnis 90 / Die Grünen im Rat der Stadt Höxter

 

 

Weihnachten steht vor der Tür. Die Wunschzettel sind geschrieben. Wünschen kann man sich bekanntlich alles. Aber welche Wünsche erfüllt werden, ist eine ganz andere Sache.

 

Die Wunschliste zum vorliegenden Haushaltsentwurf ist lang und teuer. Das städtische Christkind selbst hatte noch gar nicht alle Wünsche berücksichtigt, da lagen die Ausgaben schon 2,5 Mio. Euro über den Einnahmen.

 

Was also ist zu den Wünschen zu sagen?

 

 

1. Der Marktplatz


Wir Grünen haben bei der Verabschiedung der letzten beiden Haushalte bereits bemängelt, dass die ersten Schritte zur Umgestaltung des Marktplatzes in Angriff genommen wurden. Wie in den Vorjahren sagen wir auch heute wieder: Es gibt im Moment in Höxter dringendere Aufgaben als den Marktplatz. Wir, die Stadt Höxter, haben schlicht das Geld nicht für eine umfängliche Neugestaltung.

 

Natürlich ist ein attraktiver Marktplatz wünschenswert. Aber fragen Sie mal die Leute, was für sie ein attraktiver Marktplatz wäre. Sie wünschen sich mehr Grün, sie beklagen die ihrer Meinung nach hässliche Architektur der Gebäude rings um den Marktplatz.

 

Zudem sind die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sehr realistisch, für viele aus Rat und Verwaltung sicherlich überraschend realistisch. Die Bevölkerung sagt nämlich: Lasst uns das Geld lieber zur Verringerung der Schulden einsetzen. Sie lehnt dieses Geschenk der Marktplatzumgestaltung ab. Vermutlich weil sie weiß, dass sie selbst es bezahlen muss.

 

Trotz seiner unbeliebten Kulisse ist der Marktplatz in Höxter so attraktiv, wie man es jeden Mittwoch und Samstag beobachten kann. Weil die Menschen es lieben, an diesen Vormittagen dort einzukaufen und sich zu treffen. Einkaufen auch als soziales Geschehen. Jenseits vom Erlebnis-Shopping, wie es beispielsweise Galerie-Betreiber propagieren.

 

Offenbar bedarf es dazu bis heute keiner beleuchteten Arkadengänge und keiner gestalterischen Aufräumaktion, die neben dem bisschen Beton auch gleich noch das bisschen Grün herausreißen will.

 

Was die Menschen vermissen, ist ein Mehr an Aufenthaltsqualität für alle Bevölkerungsgruppen. Zuallererst für Familien. Daran lassen Sie uns gemeinsam etwas tun. Zusammen mit den Fachleuten der Fachhochschule und mit den Geschäftsleuten. Zusammen mit dem Kinderschutzbund und dem Bündnis für Familie.

 

Erinnern wir uns im übrigen daran, womit die Marktplatzumgestaltung begründet wurde. Am Anfang stand die Konkurrenz zu Holzminden. Dort war die Einkaufsstraße modernisiert und aufwändig neu gestaltet worden. Da sollte Höxter nicht untätig bleiben.

 

Dann kam das Vorhaben der Klingemann-Galerie auf den Tisch. Nun hatte man die Konkurrenz nicht mehr nur auf der anderen Weserseite, sondern wollte sie sich in die eigene Stadt holen. Dagegen sollte der bestehende Einzelhandel gewappnet werden. Der Haupteinkaufsbereich sollte gestärkt werden, um gegenüber der Galerie bestehen zu können.

 

Jetzt, da sich vernehmlich Widerstand gegen die Marktplatz u m g e s t a l t u n g  regt, wird daraus eine Marktplatz s a n i e r u n g.  Und diese Sanierung, so heißt es, sei unumgänglich und unaufschiebbar. Und deswegen solle die weit umfangreichere Umgestaltung realisiert werden.

 

Da gibt es nun manch einen in der Stadt, der sich wundert und der diese Begründung fadenscheinig findet. Und auch wir Grünen sagen: Wenn der Marktplatz undichte Stellen hat, dann sollen die undichten Stellen repariert werden. Dafür muss man nicht 1,7 Mio. Euro insgesamt oder 700.000 Euro allein in 2009 ausgeben. Wie gesagt: Nicht, weil wir uns keinen schöneren Marktplatz vorstellen könnten, sondern schlicht, weil die Stadt dieses Geld nicht hat. Und weil der Marktplatz, so wie er ist, als Marktplatz funktioniert.

 

 

2. Die Bäder


Für die Bäderfrage gilt das gleiche, wie vor zwei Jahren in Bezug auf den Marktplatz. Wir können uns das Geld für kostspielige Wettbewerbe sparen, wenn wir nicht wissen, woher wir die Gelder für die Maßnahme selbst hernehmen sollen.

 

In diesem Fall geht es nicht bloß um 1,7, sondern um 15 Mio. Euro! Ein gewaltiges Traumschloss.

 

Ja, was wäre nicht alles wünschenswert. Ich kenne tolle Schwimmbäder. Aber seien wir doch bitte realistisch. Das Geld, das hier so locker versprochen wird, ist einfach nicht vorhanden, und es wird auch nicht vom Himmel fallen.

 

Stattdessen müssen wir überlegen, was am nötigsten ist. Uns Grünen geht es zuallererst darum, eine Möglichkeit zum Schwimmen und damit auch für das Schulschwimmen zu erhalten. Alle Kinder sollen das Schwimmen lernen. Und die ganze Bevölkerung soll die Möglichkeit behalten, ihre Gesundheit durch Schwimmen zu fördern. Diese Prämissen wollen wir dauerhaft erfüllt wissen. Alles, was darüber hinausgeht, scheint unbezahlbar – so leid es uns auch tut. Was Höxter braucht, sind keine tollen Versprechungen, sondern finanzierbare Lösungen. Kreisstadt hin oder her.

 

Angesichts der Gesamtlage halten wir es für vertretbar, für diesen Zweck den Erlös aus der Teilprivatisierung des Abwasserbereichs zu verwenden. Dazu muss der tatsächliche Erlös aber erst einmal abgewartet werden. Mit üppig regnenden Sterntalern, das dürfte inzwischen klar sein, ist dabei nicht zu rechnen.

 

 

3. Die Schulen

 

Höxter hat für 2009 nicht nur einen Haushalt, der nicht ausgeglichen sein wird. Höxter hat auch einen immensen Investitionsstau. Damit steht die Stadt natürlich bei weitem nicht alleine da. Aber darauf zu verweisen, gehört mit zur ehrlichen Bewertung der Situation. Einiges davon ist übrigens nicht mit den Umständen zu entschuldigen, sondern hausgemacht. Geld, das man z. B. für den Bau und den Unterhalt einer Stadthalle ausgibt, kann man eben nicht in ein Schwimmbad investieren.

 

Bei fast allen städtischen Gebäuden ist eine energetische Modernisierung geboten. Positiver Effekt dieser Investitionen wären sinkende Energiekosten und ein deutlicher Beitrag zum kommunalen Klimaschutz. Wir Grünen werden dieses Thema weiter verfolgen.

 

Daneben möchten wir Grünen aber in diesem Jahr Ihr Augenmerk vor allem auf einen weiteren Bereich lenken, der unseres Erachtens im Rat viel zu wenig Berücksichtigung findet.

 

Kennen Sie die Situation an unseren Schulen? Es ist quasi tabu, in der Öffentlichkeit darüber ein schlechtes Wort zu verlieren. Dem Schulstandort Höxter und den Einrichtungen selbst solle nicht geschadet werden. Aber vielleicht wird ja auch deswegen so wenig für die Schulen in Höxter getan, weil zu viel darüber geschwiegen wird, wie es dort ausschaut.

 

Unverkleidetes Neonlicht von der Zimmerdecke, verbeulte Heizkörper, altes abgenutztes Mobiliar, nicht zu öffnende Fenster. Das ist der Standard an einer nicht näher von mir benannten Schule. Durch persönliches Engagement der Lehrer, Schüler und Eltern ist der eine oder andere Klassenraum immerhin frisch in bunten Farben gestrichen.

 

Ich sage Ihnen meinen Eindruck: Die Kinderzimmer und die Arbeitszimmer, die Sie aus Ihrem privaten Umfeld kennen, werden ausnahmslos freundlicher und wohnlicher sein und werden sich damit besser zum Lernen und Arbeiten eignen. Sie können die Klassenzimmer aber auch gerne mit sämtlichen Amtsstuben der Stadt Höxter oder der Kreisverwaltung vergleichen. Ich sage Ihnen: Es ist kein Vergleich!

 

Weiter gibt es eine ebenfalls nicht näher benannte Schule, die ist inzwischen fast doppelt so groß wie ursprünglich und beherbergt eine entsprechend angewachsene Schüler- und Lehrerzahl. Allein, das Sekretariat, die Pausenhalle, das Lehrerzimmer: Alles ist so bemessen wie am Anfang, also mittlerweile vollkommen unterdimensioniert. Zudem fehlt es an Klassenzimmern und an Fachräumen. Die sprichwörtliche Sardinenbüchse als Lernraum und Arbeitsplatz. Und dann gäbe es da noch eine marode Sporthalle…

 

Vielleicht verstehen Sie jetzt besser, warum wir den Mensabau für Realschule und Gymnasium so kritisch sehen. Das Geld, das dort ohne angemessene Beteiligung des Landes verbaut wird, wird den Schulen an anderer Stelle vorenthalten.

 

Sie sehen, man könnte richtig in Wallung geraten, wenn man sich denn trauen würde. Und man müsste schleunigst eine Menge ändern. Aber hier und jetzt will der Rat in seiner Mehrheit das Geld der Bürgerinnen und Bürger für den Marktplatz und ein Kombibad ausgeben.

 

 

4. Fazit

 

Sie kennen alle das Klischee der Familie, die von Sozialleistungen lebt, und mit ihrem Geld nicht richtig umgeht: Prestigeartikel werden angeschafft, während für das Notwendige des alltäglichen Lebens kein Geld übrig bleibt. Flachbildschirm statt Winterbekleidung, Handyrechnungen statt Büchereiausweis, Zigaretten und Alkohol für die Eltern statt Obst und Gemüse für die Kinder.

 

Wir sollten heute gemeinsam den Beweis erbringen, dass wir – im übertragenen Sinne – nicht einem solchen Klischee entsprechen. Wir stehen hier mit einem überschuldeten Haushalt und müssen auf das Prestige verzichten zugunsten des Notwendigen!

 

Haushaltsführung in dieser Situation heißt, sich wie verantwortungsbewusste Eltern verhalten.

 

Ein Beispiel, wie es gehen kann, ist die Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit des Höxter-Tisches. Es sind nur 3.500 Euro, mit denen allerdings viel Gutes bewirkt werden wird. Danke dafür, dass Sie unseren Antrag einhellig mittragen. Vielleicht gelingt ja tatsächlich die Einwerbung dieses Betrages. Andernfalls wird diese Ausgabe den städtischen Haushalt aber sicher nicht überfordern.

 

Lassen Sie es uns im kommunalen Haushalt so handhaben, wie wir es auch privat machen würden: Das neue Wohnzimmer namens Marktplatz muss warten, stattdessen ist erst einmal das Kinderzimmer an der Reihe. Verzichten wir auf das unerschwingliche Kombibad. Lassen Sie uns den Flachbildschirm und das Fotohandy vom Wunschzettel streichen. Investieren wir ins Pausenbrot, in die Ausbildung und Erziehung unserer Kinder, in ihr Lebensumfeld, in unsere Zukunft.

 

Und treten wir, wo immer wir können und mit all den Verbündeten, die wir haben, mit den gewählten Vertretern des Kreises Höxter im Landtag und im Bundestag, treten wir dem Land und dem Bund auf die Füße. Für eine Politik, die den Kommunen die Luft zum Atmen und das Geld für das Notwendige wieder zur Verfügung stellt.

 

Das sind unsere Wünsche.

 

 

 

Höxter, den 04. Dezember 2008

 

 

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